Als Sie 2017 das Master-Studium in angewandter Naturwissenschaft begannen, erhielten Sie im Rahmen des Barbara-Stipendiums des Vereins Freunde und Förderer der TU Bergakademie Freiberg e. V. einen Laptop. Welche Bedeutung hatte das Stipendium für Ihren Start in Freiberg?
Der Laptop, den ich im Rahmen des Barbara-Stipendiums für mein Studium erhielt, war enorm wichtig für mich. Nur dadurch konnte ich erfolgreich studieren. Als ich in Deutschland ankam, war ich auf der Flucht über die Türkei, die Ägäis und den Balkan schon fast zwei Jahre unterwegs und hatte nur noch sehr wenig Erspartes. Ich konnte mir einen gebrauchten Laptop leisten, der jedoch nicht zuverlässig funktionierte. Darum war ich sehr dankbar für die Unterstützung.
Für meinen Start in Freiberg waren darüber hinaus vor allem die Menschen wichtig, die mir bei meinen ersten Schritten an der Universität zur Seite standen und Orientierungshilfe gaben. Meist waren es Tipps und Hinweise, zum Beispiel zur Anerkennung meines syrischen Studienabschlusses in Physik, die auf meinem weiteren Weg eine entscheidende Rolle spielten. So konnte ich 2017 das Master-Studium an der TU Bergakademie Freiberg aufnehmen und erfolgreich abschließen – mithilfe von Bafög und einem Nebenjob als wissenschaftliche Hilfskraft am Institut für Experimentelle Physik.
Damals gab es gerade mal drei Studierende mit Fluchthintergrund, zu denen ich auch heute noch Kontakt habe. Im Kontakt stehe ich außerdem auch heute noch mit Mohamad Al Zoabi vom Internationalen Universitätszentrum, auch wenn die Beratung seit meinem Master-Abschluss keine so große Rolle mehr spielt. Denn seither fühle ich mich hier richtig angekommen.
Syrien hatten Sie aufgrund von Krieg und Verfolgung verlassen – in Deutschland wagten Sie einen Neubeginn. Was wünschen Sie Menschen, die neu hier ankommen und studieren möchten?
Ich strebte schon seit meinem Erststudium in Syrien eine Promotion an und wollte in der Forschung tätig sein. Die Voraussetzungen, so ein Vorhaben umzusetzen, empfand ich in Deutschland immer als sehr gut. Geflüchteten, die die deutsche Sprache lernen und einen Studienabschluss machen möchten, werden gute Rahmenbedingungen geboten. Natürlich gehört auch Durchhaltevermögen, die ständige Bereitschaft, Neues zu lernen und ein gewisser Ehrgeiz dazu, um ein Studium erfolgreich zu schaffen. Neuankommenden wünsche ich, dass sie Menschen treffen, die zu Mentoren werden und, dass sie jede Chance nutzen, die sich bietet.
Was unterscheidet Studieren in Deutschland vom Studieren in Syrien?
In Deutschland wird meiner Erfahrung nach, mehr Wert darauf gelegt, dass Studierende den Lernstoff nicht nur reproduzieren, sondern die Inhalte wirklich verstehen. Das Studium ist außerdem praxisbezogener.
Auch beim Thema Promovieren gibt es Unterschiede: In Syrien ist Promovieren eher eine Freizeitbeschäftigung und die Chancen, eine bezahlte Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter zu finden, sind sehr gering. An Universitäten in Deutschland wird eine Promotion hingegen als vollwertige Arbeit angesehen. Ich freue mich, dass ich mit dieser Arbeit – dank einer unbefristeten Aufenthaltsgenehmigung – in den kommenden Jahren zur aktuellen Batterie-Forschung am Institut für Experimentelle Physik beitragen kann.
Hintergrund: Angebote für Studierende mit Fluchthintergrund
Das Internationale Universitätszentrum bietet umfangreiche Beratungsangebote und Integrationshilfen. Studieninteressierte, die noch nicht alle Voraussetzungen für ein Studium erfüllen, können sprachliche und fachliche Vorkurse besuchen. Eingeschriebene Studierende mit Fluchthintergrund unterstützt Studienberater Mohamad Al Zoabi in allen Fragen der Studienfinanzierung und –organisation, dem Berufseinstieg oder dem Leben in Freiberg.
https://tu-freiberg.de/international/refugees
Ansprechpartner:
Amir Mohammad, Institut für Experimentelle Physik, amir [dot] mohammad
physik [dot] tu-freiberg [dot] de
Mohamad Al Zoabi, Internationales Universitätszentrum, Mohamad [dot] al-zoabi
iuz [dot] tu-freiberg [dot] de